Kamerun November 2005 bis Juli 2006

Viele, denen ich erzählt habe, was ich nun machen werde, haben gesagt: "Melde dich doch mal. Schreibe Emails und teile mit, was du in Afrika erlebst." So kam ich auf die Idee, dass ich mein Afrikatagebuch hier führe. So können alle, die sich für mich und meine Arbeit in Kamerun interessieren nachschauen, was ich in diesem fernen (?) Land er-lebe.


Mainaschaff, 05.11.2005

Afrika? Ja Afrika!

Noch sitze ich hier in Mainaschaff am Schreibtisch. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die schönen Herbstfarben der Bäume im Sonnenlicht.

Meine Gedanken gehen voraus. In zwei Wochen sitze ich im Flugzeug der Air France und fliege um 7:25 von Frankfurt über Paris nach Yaounde, der Hauptstadt Kameruns. Die planmäßige Ankunft ist 19:05. Da Kamerun fast auf dem  gleichen Längengrad liegt wie Deutschland, gibt es im Winter keine Zeitverschiebung.  

Meine Gedanken gehen auch zurück: "Wie war mein Weg nach Afrika?"

Angefangen hat es damit, dass mir Tom Best im Februar 2002 eröffnet, dass er Ende 2003 aus unserem Architekturbüro ausscheiden und mit seiner Frau die Leitung des Seniorenzentrums in Harreshausen übernehmen wird.

Was nun?????? Viele Fragezeichen. Soll ich das Büro alleine weiterführen? Soll ich das Büro mit einem oder mehreren PartnerInnen leiten - ggf. aus dem Team, mit dem ich gerne arbeite? ODER Soll ich was ganz anderes machen?

Recht schnell haben mich die Möglichkeiten eines Neuanfangs gereizt. "Wenn nicht jetzt, wann dann?" So teilte ich dann Tom mit: "Wir haben 1988 miteinander angefangen und wir hören 2003 miteinander auf!" So haben wir einen Käufer für unser Büro gefunden und das Büro 2003 verkauft.

Tom wusste ja schon, was er nach BEST + RATHGEBER machen wird. UND ich? Nein ich wusste 2003 nicht, was ich 2005 machen werde. Mir war klar, dass ich in eine angeblich ungewisse Zukunft gehe - ABER - ich wusste, dass Gott mir einen Weg zeigen wird.

Viele Ideen gingen mir durch den Kopf. Mitte 2004 setzte sich eine dieser vielen Gedanken in meinem Kopf fest: "Warum soll ich nicht etwas ganz anderes machen, andere Länder oder gar einen anderen Kontinent kennen lernen? Afrika? Ja Afrika!"

Warum Afrika? Warum nicht!

Mein Interesse an Afrika hat mit dem Buch von Stefanie Zweig "Nirgendwo in Afrika" angefangen. Ich hatte es schon vor langer Zeit gelesen und war begeistert von den Weisheiten der Afrikaner und ihrer sehr bildhaften Sprache. Es folgten Bücher von Henning Mankell, die in seiner zweiten Heimat Mosambik angesiedelt sind. Auch die Autobiografie von Waris Dirie "Nomadentochter" hat mein Interesse an dem Kontinent, an den Kulturen und Menschen geweckt.

Durch unsere Arbeit mit der Andreasgemeinde in Niederhöchstadt kam der Kontakt mit Word Vision und ich habe über diese Organisation die Patenschaft für ein Mädchen aus Tschad übernommen. Dina

    
Dina 2004                            Dina 2005

Mein Interesse an Afrika war also geweckt und so war dann der Schritt nicht weit, dass ich den Kontinent, die Kulturen und die Menschen in Afrika kennen lernen will.

Obwohl ich noch kein konkretes Ziel hatte, antwortete ich, wenn ich gefragt wurde, was ich nach BEST + RATHGEBER machen werde: "Ich gehe nach Afrika."  Als Entwicklungshelfer. Edith, eine Freundin fragte: "Was willst du entwickeln?" Ganz spontan antwortete ich: "MICH!"

Ich denke, Afrika ist so reich an Kulturen und Fähigkeiten, die wir längst verlernt und vergessen habe, dass ich viel lernen und mich entwickeln kann. UND In Afrika liegt die "Wiege der Menschheit".

Ich surfte im Internet und suchte einen Job. GTZ, DED, EED, UN ... Frust! Architekten werden offenbar in Afrika nicht gebraucht.

Wieder war es Tom, der den Kontakt mit Peter Schneider herstellte. Pastor Peter Schneider war lange Zeit Missionar in Kamerun und leitet von Deutschland aus die Projekte in Kamerun des Ecclesia-Missionswerkes "Liebe in Aktion e.V."  

Peter Schneider - vor seiner Berufung als Pastor selbst Architekt - hat bisher alle Bauprojekte selbst geplant. Aber die Bautätigkeit der "Full Gospel Mission" mit über 800 Gemeinden in Kamerun wächst ständig und Peter, der ja als Pastor in Ulm eine Gemeinde leitet, kommt mit der Planung nicht mehr nach.

"Dich schickt Gott!" war sein Ausspruch, als ich mit ihm telefonierte und ihm mein Mitarbeit anbot.

So das war's für heute. Noch vor meiner Abreise werde ich in den nächsten Tagen noch mehr über Kamerun, die Projekte und mich schreiben.

 


Mainaschaff, 11.11.2005

"Ganz nah die Ferne rückt"

Jetzt kommt der Herbst doch noch mit Nebel, Grau und Kälte.

Noch eine Woche. Dann geht's los. Worauf ich die letzten Wochen gefiebert habe nähert sich mit mächtigen Schritten. Die letzten Vorbereitungen warten noch.

"Ganz nah die Ferne rückt - Begegnungen mit Kulturen Kameruns" ist der Titel des Buches von Reiner Rumohr. Er kam 1983 nach Afrika und lebt seit 1992 in Kamerun, ist mit verheiratet mit einer Kamerunerin und hat fünf Kinder. Herr Rumohr arbeitet als Finanzberater bei der Evangelischen Kirche Kameruns.

Bis Mitte des Jahres kannte ich das Land kaum. Aus den Medien wusste ich, dass das Land fußballbegeistert ist und dass Winfried Schäfer die Nationalmannschaft trainiert hat. Als klar war, dass ich nach Kamerun gehe, habe ich viel über das Land und seine Menschen gelesen. Mir ist dieses Land nun ganz nah.

Hier ein paar Fakten: Kamerun liegt in Zentralafrika nördlich des Äquators (schon schade, ich hätte gerne bei dieser Reise den Äquator überschritten). Das Land erstreckt sich von 2° bis 13° nördlicher Breite (zum Vergleich: Der 50. Breitengrad geht mitten durch Mainz). Es liegt in etwa auf dem gleichen Längengrad wie Deutschland; deshalb gibt es im Winter zwischen Deutschland und Kamerun keine Zeitverschiebung. Da es in der Nähe des Äquators keine Jahreszeiten gibt, kennen die Kameruner keine "Sommerzeit". 

Kamerun ist mit 465.458 km² flächenmäßig größer als Deutschland (357.026 km²), jedoch mit 16,6 Mio. Einwohnern wesentlich weniger dicht besiedelt (Deutschland 82,5 Mio.). 

Kamerun war von 1884 bis 1916 deutsche Kolonie. Die heutigen Grenzen des Staates stammen aus dieser Zeit. 1916 teilten sich Frankreich (Ost-Kamerun) und Groß-Britannien (West-Kamerun) die ehemals deutsche Kolonie.

"Das ehemals französische Mandatsgebiet Ost-Kamerun ist seit dem Januar 1960 unabhängig, das britische West-Kamerun folgte 1961." (Quelle: www.deutsch-kamerunische-bruecke.de)

Die Republik Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Der derzeitige Präsident ist Paul Biya.

In Kamerun leben ca. 300 verschiedene Volks- und Sprachgruppen. Durch die einstige koloniale Aufteilung hat Kamerun zwei offizielle Amtssprachen: Französisch, das von 80% der Bevölkerung gesprochen wird und Englisch.

Religion: "In Kamerun sind 40 Prozent der Bevölkerung Christen, ebenfalls 40 Prozent sind Animisten und 20 Prozent sind Muslime, die meisten leben in den nördlichen Regionen des Landes." (Quelle: www.deutsch-kamerunische-bruecke.de)

Soviel zu den Fakten, die an anderen Stellen im www erkundet werden können. 

Ich bin schon sehr auf die Menschen gespannt. Wie schreibt Reiner Rumohr: "Die Geschichte der kamerunischen Völker begann nicht mit den Weißen." Gerade das Buch "Ganz nah die Ferne rückt" hat mich auf die vielfältigen Kulturen Kameruns neugierig gemacht. 

Folgende Bücher habe ich bisher gelesen und kann sie als Vorbereitung für eine Reise nach Kamerun empfehlen:

Regina Fuchs, Stefanie Michels, Kamerun - Reise Know-how, ISBN 3-8317-1215-8 
ist ein ausführlicher Reiseführer mit viel Hintergrundinformationen.

Reiner Rumohr, Ganz nah die Ferne rückt - Begegnungen mit Kulturen Kameruns, ISBN 3-87476-425-7
Herr Rumohr beschreibt sehr persönlich und kritisch die traditionellen Kulturen Kameruns und den Wertewandel, der durch die "Weißen" -  Kolonialisten und Missionare - ins Land gebracht wurde. Das Buch hat sehr viel in mir ausgelöst und mich sehr neugierig auf die Menschen gemacht.

Claude Njiké-Bergeret, Meine afrikanische Leidenschaft, ISBN  3-404-61509-3
Die Französin Njiké-Bergeret ist in Kamerun geboren und aufgewachsen. Sie lebt mit ihren Eltern, die in Kamerun als Missionare arbeiten, 13 Jahre in Afrika. Nach der Rückkehr der Familie nach Frankreich, beendet sie die Schule, studiert, heiratet und bekommt zwei Kinder. Sie fühlt jedoch, dass ihre Wurzeln in Kamerun sind. Nach der Scheidung geht sie wieder nach Kamerun und arbeitet als Lehrerin. Sie hatte nicht vor, dass sie für immer in Kamerun bleibt. Doch sie verleibt sich in einen Stammeshäuptling und wird eine seiner vielen Frauen. Nach dem, Tod ihres Mannes lebt sie heute mit ihren vier Kindern auf ihrer Farm im Westen Kameruns.

 


Kribi, 21.11.2005

Ankunft in Kamerun

19.11.2005 Flughafen Frankfurt. Tom und Jonathan haben mich an den Flughafen gebracht. Ich habe mich gefreut, dass Frank und Elke so früh an den Flughafen gekommen sind und mich verabschiedet haben. Wir mussten beim Einchecken relativ lange warten. OH SCHRECK: Ich hatte 15 kg Übergepäck! Da meine Mitreisenden - Christel, Udo und Bernd - nicht so viel mitgenommen haben, konnten wir das als Gruppe ausgleichen und ich musste nichts zahlen! Gut dass ich keine Waage habe. Ich hätte mich wahrscheinlich verrückt gemacht. So konnte ich alles was ich wollte mitnehmen.


Meine Mitreisenden (v.r.): Udo, Christel, Christina
(ist nicht mit in Kamerun), Bernd und ich vor dem
Einchecken in FRA


Die Verabschiedung von Elke, Frank, Jonathan und Tom 
haben mich schon gerührt.

Umsteigen in Paris: Als wir ankamen stand als Information für unseren Flug nach Kamerun: "In Time". Auf dem Flugsteig dann angekommen kam die Information, dass die Maschine durch einen Streik nicht beladen werden konnte. Wir sind dann mit 2-stündiger Verspätung ca. 12:30 Uhr gestartet. Der Flug war sehr ruhig und angenehm. Das Essen war sehr gut. Ich habe gelesen, geschlafen und mir, dank der Kamera im Flugzeug, Afrika von oben angeschaut.

Nach Zwischenlandung in Duala sind wir dann kurz nach 21:00 Uhr in Yaoundé gelandet. Ausstieg aus dem Flugzeug: Heiß - Feucht - Schwitz. Die Einreisekontrollen verliefen ohne Probleme. Alle Koffer sind angekommen - alle? Nein - bis auf eine Tasche von Christel und Udo mit Arbeitsklamotten, OP Handschuhen und Spritzen.

Noch mitten in der Gepäckabfertigung kommt ein freundlicher Mann und begrüßt und ganz herzlich und nimmt und in die Arme: Peter Mboh hat uns gefunden.

Er spricht mit den Zollbeamten und wir können ohne Kontrolle an der Warteschlange vorbei passieren. Draußen wartet noch Josef: Er kennt Bernd und begrüßt auch uns ganz herzlich.

WIR SIND DA! Mit zwei Autos fahren wir in die Stadt ins Full Gospel Mission Center. Ca. 23:00 Uhr sind wir nach 18 Stunden Reise endlich angekommen.

Auch hier werden wir von den vielen Menschen, die auf uns gewartet haben, sehr herzlich empfangen. Wir beten miteinander und danken, dass Gott und gut geführt hat.

Ich habe auch schon einen Französischlehrer gefunden - Joseph. Ich lerne mit ihm französisch und er mit mir deutsch. 

Nach dem ersten Abendessen - Rose Mbiwan hat uns eingeladen - lag ich noch lange Zeit wach im Bett. Ich kann es kaum glauben, dass ich jetzt mitten in Afrika bin. Dann schlafe ich ein und wache nach 5 Stunden gut ausgeschlafen auf: Duschen, frühstücken.

Um 7:30 Uhr Gottesdienst. Solch einen lebendigen Gottesdienst habe ich noch nicht erlebt. Obwohl alles zweisprachig ist - französisch und englisch - verstehe ich fast nichts - die Lautsprecheranlage überschlägt sich. Alle singen mit und bewegen sich dabei. Alle beten laut.

Wir werden nach vorne gebeten und von der Gemeinde mit ganzem Herzen aufgenommen. Für mich ist eine Brücke gebaut, von dem Gottesdienst in der Christuskirche eine Woche vorher und dem Gottesdienst in Yaoundé. 

Kurze Verschnaufpause. Mit Bernd und Udo mache ich einen kleinen Rundgang durch das Krankenhaus und verschaffe mir einen ersten Überblick.

OH WELCH EIN WUNDER: Ich habe mit meiner deutschen Telefonkarte in Kamerun eine Netzverbindung, obwohl ich von meinem Provider die Auskunft hatte, dass ich habe mit meiner Karte in Kamerun nicht telefonieren kann. Ich rufe in Deutschland an und teile meiner Schwester mit, dass wir gut angekommen sind. Ich hatte nicht das Gefühl, dass 5.000 km zwischen uns liegen.


Peter Mboh, Udo, Bernd, Christel und VW-Bus vor der Abfahrt
nach Kribi

Peter Mboh hat es geschafft und den VW Bus von Peter Schneider wieder zum Laufen gebracht. Um 13:30 Uhr  brechen wir dann auf Richtung Kribi. Nach einer Irrfahrt durch Yaoundé und nach mehrmaligem Nachfragen finden wir dann den richtigen Weg Richtung. Ich habe schon an meiner Fähigkeit, Karten zu lesen, gezweifelt. Heute sehr ich, dass die Karte, die ich in Deutschland gekauft habe, "etwas" älter sein muss, da noch die Botschaft der "German Democratic Republic" eingetragen ist. ALSO Kein Wunder, dass ich die neue Strasse auf der Karte nicht gefunden habe.

Bernd ist sehr routiniert in dem Verkehrschaos gefahren. Ich habe das Gefühl, dass sich das ganze Leben hier auf den Strassen abspielt.   

Nach 4 Stunden Fahrt erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang Kribi. Das "House Palmbeach" liegt an einem traumhaften Strand und wir haben sofort unsere Füße ins Wasser tauchen müssen.


Traumstrand in Kribi


Blick und unserem Haus - ist es nicht schön?

Auch hier wurden wir von John und Shella wie alte Freunde begrüßt.

Jetzt unterbreche ich kurz meine Notizen. Bernd hat eine Fahrt mit einer Piroge - eine Art Einbaum - organisiert. Ein einheimischer Fischer wird uns eine Stunde flussaufwärts paddeln.

Aber davon später: Ich berichte chronologisch weiter.

Nach Sonnenuntergang wird es sehr schnell dunkel - und dunkel heißt richtig schwarze Nacht ohne Straßenlaternen und Restlicht von Städten, wie wir es kennen. Wir richten unsere Betten. Mein Moskitonetz kommt zum ersten Mal zum Einsatz. Dann fahren wir nach Kribi rein und gehen fürstlich Essen. Das Essen war köstlich und die Preise auf deutschem Niveau - "man gönnt sich ja sonst nichts".

Ich krabble unter mein Moskitonetz und schlafe sofort ein.

Heute ist relaxen angesagt und Kraft tanken für die nächsten zwei Wochen mit vollem Programm. Ich war jetzt schon oft im Atlantik schwimmen. Es ist nicht wirklich eine Abkühlung, da das Wasser auch ca. 30° C  hat.

Das Highlight heute war die Fahrt mit der Piroge in die Mangrovensümpfe direkt neben unserer Unterkunft, eine fast unberührte Natur. Die beiden einheimischen jungen Fischer - zwei Brüder - schippern und gekonnt durch den Fluss. Da mit unseren beiden "Kapitänen" 6 Personen an Bord sind, ist unser Boot kein "Einbaum" sondern es besteht aus 4 mit Teer abgedichteten Brettern. Wasser, was trotzdem noch ins Boot läuft wird gekonnt herausgeschöpft. 


Mit diesen Pirogen sollen wir fahren?

Es ist insgesamt eine wackelige Angelegenheit. Ich bin nicht ängstlich und traue unseren beiden Fischern. Unterwegs begegnen uns "Lastpirogen", die mit Kies beladen sind und von athletischen Männern flussaufwärts gepaddelt werden. Nach einer Stunde Fahrt kommen wir wieder gut am Stand an.


"Lastpirogen" mit Kies beladen


Schnappschuss über die Schulter - umdrehen ist nicht - 
Kentergefahr - mit Udo und dem "Kapitän"

So das war's für heute. Ich freue mich schon auf den Fisch, den Shella für uns bereiten wird.

 


Batouri, 24.11.2005

Es ist 19:00 und seit etwa einer Stunde finster. Der Tag war lang und ich bin müde. 

Gestern war mein erster Einsatz als Architekt auf einer afrikanischen Baustelle. In der Nähe von Yaoundé wird eine kleine Kirche gebaut. Es ist ein einfacher Bau mit einem flachen Wellblechdach.

Peter Schneider ändert auf der Baustelle. Meine Kollegen wissen, wie ich "baubegleitende Planung" hasse. ABER "TIA", ein häufig gebrauchter Ausdruck und bedeutet: "This Is Africa (Das ist Afrika)".

Vor Ort werden die Fenster und der Eingang geändert und ein kleiner Eingangsturm auf der Baustelle geplant gezeichnet und erklärt. Durch diese kleinen Änderungen erfährt die Kirche doch eine gestalterische Aufwertung. GROSSES PALAVER! Dann noch kurz eine Mitteilung an Robert Efombo, meinem afrikanischen Kollegen. Ob die Bauarbeiter alles verstanden haben? Ich weiß es nicht und werde es dann nach meiner Rückkehr nach Yaoundé sehen. Ich war so beschäftigt, dass ich kein Foto gemacht habe.

Dann um 13:30 Uhr mit 3,5 Stunden Verspätung starten wir Richtung Osten. Unser Ziel ist Batouri, 428 km von Yaoundé entfernt. Peter hat um 18:30 Uhr eine Evangelisation. Selbst bei deutschen Straßenverhältnissen ist das vielleicht gerade noch zu schaffen. ABER in Afrika ist das UNMÖGLICH. Die ersten 100 km sind sehr gut. Die neue Asphaltstrasse, von Deutschen gebaut, ist besser als in Deutschland! Peter nimmt einen Afrikaner mit und er erklärt uns, dass nach dem Ende der Asphaltpiste "die Hölle" kommt.

Peter meint, dass die "Wellblechpiste" noch einer der besseren Strassen sind. Na ja. Ich werde ganz schön durchgeschüttelt - unsere Feldwege sind besser. Peter weicht gekonnt und routiniert Schlaglöchern (na, bis auf eines!), Hühnern, Ziegen, Hunden, Holzlastern und Menschen aus. 

Kurzer Tankstopp in Abong Mbang. Peter schickt mich raus, dass ich mir die Markthalle, ein Relikt aus deutscher Kolonialzeit, ansehe. Foto nehme ich nicht mit! - Angst? Scham? - Eine Mischung aus beidem.

Es ist eine riesige ca. 50 m lange und 15 m breite "Backsteinscheune" mit zwei Querhäusern. Eine Meisterleistung deutscher Zimmermannskunst mit Tropenhölzern - solch eine schöne Holzkonstruktion ist auch bei uns selten. Die Eindeckung mit Handstrichbibern. UNGLAUBLICH und das mitten in Afrika. Vielleicht sollten die Denkmalpfleger doch in Kamerun inventarisieren. (Frank: Plane doch deine Übung im nächsten Semester statt im Odenwald im Kamerun! Ich übernehme dann einen Lehrauftrag.)

ABENTEUER PUR. Nach Sonnenuntergang sind es immer noch 100 km. Peter nimmt eine "Abkürzung" und bekommt von einem Einheimischen die Bestätigung, dass die Piste recht gut sei. Das war reichlich übertrieben. Schlagloch an Schlagloch! Holzlaster!! Staub! Mitten durch den Urwald! Wenn ein Holzlaster - mit riesigen Holzstämmen beladen - entgegenkommt, werden wir in eine Staubwolke eingehüllt und sehen kaum noch etwas. Nicht daran denken, was passiert, wenn jetzt das Auto streikt. Dann fällt auch noch das Licht aus und Peter muss die restlichen 1,5 Stunden den Lichthebel hochhalten. Und er fährt wie die g.S. Wir beten und kommen kurz nach 20:00 Uhr in Batouri an.

Unglaublich: Peter predigt noch bis 22:00 Uhr. "TIPS - This Is Peter Schneider", TIA von mir übertragen.

Wir wohnen bei den beiden deutschen Missionaren Edith und Hans-Jürgen Klußmann. Abendessen mit Eintopf und selbstgebackenem dunklen Brot. Wir besprechen noch den kommenden Tag und fallen dann ins Bett.

6:30 Aufstehen: 7:00 Uhr Frühstück: Danach habe ich etwas Zeit und spaziere etwas um das Missionshaus. Eine kleine Schreinerwerkstatt soll gebaut werden in der junge Männer ohne Schulbildung ausgebildet werden. Das Provisorium ist z.T. mit Lehmsteinen gebaut. Da kann ich doch meine Lehmarchitektur unterbringen! Die Jungs bauen das selbst! Das Material Lehm ist auf dem Grundstück vorhanden und kostet nichts. Also Ideal.

Wir fahren zum Mechaniker und schauen uns unseren VW Bus von unten an, wie ihm die gestrige Tortur bekommen ist. Und schau! Die Stoßdämpfer sind falsch eingebaut. Peter das Allroundgenie erklärt den Mechanikern, wie sie das Auto reparieren müssen. PALAVER!


Afrikanische Werkstatt

Hans Jürgen und ich gehen in den Mobilfunkladen. Das Problem, die Telefonkarte musste nur angemeldet werden, konnte schnell behoben werden. Jetzt bin ich in Kamerun zumindest in den größeren Städten gut erreichbar. Meine Mobilnummer ist: 00237-548 82 69.

Die Mission hat im Stadtzentrum einen Raum für das Bistro gemietet, in dem junge Menschen sich treffen und palavern können. Hier esse ich den besten Joghurt meines Lebens. KÖSTLICH - Die Stadt hat der Mission ein Gelände angeboten, in dem sie ein eigenes Gebäude für das Bistro bauen können. Peter und ich schauen uns an und schütteln beide den Kopf! Nein das Gelände ist nicht geeignet. Warum nicht das angemietete Gebäude kaufen. Gesagt getan! Der Besitzer wird geholt. Wir sitzen im Bistro. Es wird verhandelt und gefeilscht. Am Ende ist man sich über den Preis einig.


Hans Jürgen und Erika Klußmann, Pastor Zanga und 
Peter Schneider vor der neu erworbenen Immobilie

Es wäre doch am besten, dass die Mission das benachbarte Eckgebäude auch gleich kauft. Gesagt getan. Am Nachmittag kommen beide Besitzer in das Missionshaus. PALAVER! Nach relativ kurzer Zeit ist man sich handelseinig. Es werden Vorverträge unterschreiben und Anzahlungen in Euro geleistet.

Am Nachmittag hatten wir den Termin mit dem jungen und dynamischen Bürgermeister von Batouri. Er war von unseren Plänen begeistert. Das Gelände hinter dem gekauften Bistro befindet sich im Besitz der Gemeinde und wird der Mission geschenkt.

Der Tag war also ein voller Erfolg. Da sage einer, in Afrika gehen die Uhren langsamer!! So schnell wäre es in Deutschland bestimmt nicht gegangen!

Und ich habe meine nächste Aufgabe! Ein Gesamtkonzept für den Umbau der Gebäude und für die Außenanlagen entwickeln.

Auch hier spüre ich die Herzlichkeit der Menschen und dass sie sehr dankbar sind, dass ich längere Zeit in Kamerun arbeiten werde, um die vielen Projekt zu verwirklichen. Ich spüre, ich werde gebraucht. Ich bin dankbar dafür.

Noch ein paar Worte über Batouri: Die Stadt ist eine deutsche Gründung und das ist noch immer präsent. Breite Allen mit Mangobäumen. Hans Jürgen hat erzählt, dass die ganze Stadt nach Mango riecht, wenn sie reif sind. Noch viele Wohngebäude aus Backstein, z.T. noch mit typischen Staketenzäunen. Die ursprüngliche Ziegeldeckung ist durch Wellblech ersetzt.


Mangoalle in Batouri

Der Pastor wohnt in einem solchen Gebäude. Wir waren zum Mittagessen eingeladen - köstlich -  und konnten uns wieder einmal von den Vorzügen der Massivbauweise überzeugen. In dem Gebäude war es angenehm kühl.

Morgen geht es um 6:00 Uhr weiter über Bertoua, Garoua-Boulai (direkt an der Grenze zu Kongo) nach Meiganga. 484 km Sandpiste! Schau'n wir mal!


Garoua, 27.11.2005

Es ist der erste Advent in Afrika. Sonne - Hitze. Ich schwitze. Weihnachtliche Gefühle können bei mir nicht aufkommen. Ich telefoniere mit Sylvia in Deutschland. Ich kann es kaum glauben, dass es in Deutschland kalt ist und dass es schneit. So weit ist Deutschland für mich schon entfernt.

Ich habe mich heute Nachmittag "ausgeklinkt" und schreibe mein Tagebuch. Peter und die anderen sind nach Ngong gefahren und besuchen den dortigen Lamido. Am Abend predigt Peter in Ngong.

Die Fahrt am Freitag, 25.11.2005 war angenehm und ohne Hektik. Die Pisten waren überwiegend gut. 260 km waren asphaltiert. Wir hatten Zeit und haben in einem "Restaurant" Mittag gegessen. Reis mit Rotis (eine Art Gulasch). 


Typische Piste - dies ist eine sehr gute Piste

Die Landschaft ändert sich. Der Urwald weicht immer mehr der Steppe. Die Dörfer bestehen immer mehr aus Lehmhütten z.T. noch mit Stroh gedeckt und Boukarous, typische afrikanische grasgedeckte Rundhütten. 


Ein Dorf am Wegesrand

Am Abend kommen wir an unserem Ziel in Meiganga an. Hier soll eine kleine Kirche gebaut werden. Wir schauen uns das Grundstück an. Es liegt zwar sehr schön an einem Hang aber so, dass es niemand findet. Wieder sind Peter und ich uns einig, dass das Grundstück nicht sonderlich geeignet ist und schlagen vor, dass der Pastor ein Grundstück in der Nähe der Hauptstrasse findet.

Wir sind in einer von amerikanischen Missionaren gebauten Gästehaus der evang.-luth. Kirche untergebracht. Es ist eine sehr schöne, vierseitig geschlossene Anlage mit einem Innenhof. Pastor Bouba aus Ngaounderé, der uns in Meiganga getroffen hat, erklärt uns, dass die Pflege der Anlage vernachlässigt wird, nachdem die Weißen die Mission verlassen haben. In den Bädern gibt es kein Licht. Die Spiegel sind abmontiert. Die Toilettenspülungen funktionieren nicht und und und. Warum achten die Kameruner die Anlage nicht? Fehlt das Geld für die Unterhaltung? Ist es ein "Ding der Weißen"? Ich erlaube mir noch kein Urteil.


Die Fahrt durch das Adamaoua - Plateau

In einer kleinen Stadt trinken wir einen Kaffee. Das Lokal ist etwas kleiner als eine Garage. Lehmboden, Bretterregale, einfache Holzbänke und -tische, mit zerfetzten dreckigen Wachstischdecken. Überall Dreck! Der Wirt ist ein hübscher, gepflegter junger Mann. Er passt eigentlich nicht so recht in die für uns unangenehme Umgebung. Wir zahlen 200 Franc (ca. 0,30 €) für die zwei Tassen Kaffee. Peter spricht den Wirt auf die schmutzigen Tischdecken an und fragt, was denn neue kosten. Der Wirt antwortet, dass diese etwa 1.200 Franc kosten (ca. 1,80 €). Peter gibt ihm nochmals 1.000 Franc für neue Tischdecken.

Der Bus ist überall im Land bekannt. Menschen winken uns. Peter wird erkannt und freudig begrüßt. Wir werden immer wieder auf Literatur und Bibeln angesprochen. Die mitgenommenen Broschüren sind schon fast alle ausgeteilt.

Es gibt sehr häufig Polizeikontrollen, fast immer vor den größeren Städten. Die Polizisten sind meist sehr freundlich und verlangen auch Broschüren und Bibeln. Nur zweimal bedurfte es etwas mehr Palaver. Ein Polizist verlangte als "Wegezoll" eine Flasche Whisky, war dann aber doch mit einer Broschüre einverstanden und ließ uns weiterfahren. TIA

Um 7:00 Uhr verlassen wir Meiganga und fahren bei Nebel Richtung Ngaoundéré. Nebel und Staub machen die Fahrt sehr unangenehm. Gut, dass die Scheibenwaschanlage gut funktioniert. 

Wir holen Christel, Udo und Bernd, die mit dem Nachtzug von Yaoundé gekommen sind, am Bahnhof ab und fahren zum Lamido. Gott hat es so gefügt, dass wir zur gleichen Zeit am Bahnhof ankommen als der Zug. Hinweis: Wir sind in Afrika. Es gibt zwar einen Fahrplan, aber dass er eingehalten wird ist äußerst unwahrscheinlich. So war der Zug, mit dem die anderen angekommen sind mit drei Stunden Verspätung sehr pünktlich.

"Der Lamido (fulfude für "Führer") ist Heerführer, religiöses Oberhaupt, oberster Richter und größter Grundeigentümer der Region." (Reise Know-How Kamerun) Er ist sozusagen der König im moslemisch geprägten Nordkamerun.


Der Lamido vor seinem Palast

Es ist eine große Ehre, dass uns der Lamido empfängt. Er begrüßt Peter als alten Freund.

Sowohl der jetzige Lamido als auch sein Vater haben der Mission zwei große Grundstücke geschenkt. Für die beiden Grundstücke soll ich Baukonzepte entwickeln.

In Ngaoundéré 2 soll eine völlig neue Stadt für 200.000 Menschen entstehen. Peter durfte sich ein Grundstück aussuchen und hat eine wunderschöne Stelle auf einem Hochplateau mit Blick auf Ngaoundéré ausgesucht.


Abendstimmung auf dem Grundstück der Mission

Höhenpunkt am Freitag war der Gottesdienst in der Studentengemeinde der Universität Ndang. Die jungen Christen beeindrucken mich. Sie strahlen eine Fröhlichkeit und Liebe aus und schließen alles ein.

Die Studentengemeinde hat einen provisorischen Raum, der über eine Müllhalde erreicht wird. Die Mission hat ein schönes Grundstück an der Hauptstrasse gekauft, an der eine Kapelle errichtet werden soll. 

Im Gottesdienst erfahre ich Gottes Auftrag, dass ich die Planung mit diesen wunderbaren Menschen entwickeln will. Peter und die Studenten sind von meiner Idee begeistert und wir vereinbaren einen Termin für den 05.12.2005. Ich freue mich schon jetzt über die Arbeit mit den Studenten.

Wir nehmen noch das Abendessen am Bahnhof in Ngaoundéré ein, verabschieden Pastor Bouba und fahren in der Nacht nach Gaoua, ca. 300 km gute Asphaltstrasse. Es gibt keine Leitpfosten und Straßenmarkierungen. Es ist gut, dass nicht so viel Verkehr auf den Strassen ist. Problematisch sind die vielen Fußgänger in der Nähe der Dörfer und Städte, deren Straßen natürlich nicht beleuchtet sind.

Wir kommen kurz vor 23.00 Uhr in Garoua an und werden von Ginan, Miriam und Hadijatou herzlich empfangen. Nach Mitternacht falle ich ins Bett und schlafe sofort ein.

Kurz nach Sonnenaufgang (6:00 Uhr) werde ich wach. Geräusche. Unser Bus wird gewaschen.

Es ist erster Advent! Ich muss es mir immer wieder sagen, damit ich es glaube. Um 9:00 Uhr gehen wir zum Gottesdienst. Er dauert 4 Stunden und keine Minute ist mir langweilig. Es ist die Liebe Gottes, die ich hier in den Gemeinden spüre.

Ich sage ein paar Worte und spüre die Verbindung mit der Christuskirchengemeinde in Aschaffenburg.

Auch hier werden wir wie überall wie liebe Freunde empfangen. Die Liebe, die Offenheit und die Herzlichkeit der Menschen lassen mich heimisch fühlen. Ich bin dankbar für die Zeit hier, für die Erfahrungen, die ich machen darf. Ich denke manchmal, ob ich nicht hier bleiben soll. ABER - Es ist noch zu früh, dass ich diese Entscheidung treffe. Bernd, der als Missionsarzt in Tansania und Nepal gearbeitet hat, sagt, dass in den ersten Wochen alles neu, schön, toll und aufregend ist. Der Alltag kommt danach. Ich danke Gott, dass ich die Zeit dafür habe.


Yaoundé, 04.12.2005

Ich schlafe in Afrika nicht lange. Egal wie anstrengend der Tag war, ich wache immer kurz nach Sonnenaufgang 6:30 Uhr auf. Im Haus ist es noch ruhig und ich finde die Zeit für mein Tagebuch.

Viel habe ich in dieser Woche er-lebt. Das Programm liegt neben mir und ich schaue mir die Fotos nochmals an. So viele Eindrücke!

Am Montag (28.11.2005) haben wir nach der Morgenandacht das Health Center in Garua besichtigt. Langfristig ist der Ausbau des Health Centers in ein Krankenhaus geplant. Hierfür soll das Nachbargrundstück erworben werden. Mit dem Besitzer wurde schon eine Einigung erzielt, aber der Familienoberhaupt (der ältere Bruder) stimmt dem Kauf nicht zu und ohne seine Zustimmung kann der "kleine Bruder" der Grundstück nicht verkaufen.

Das Team in Garua strahlt eine Liebe und Wärme aus, die die kranken Menschen einschließt. 


Das Team von Garua

Nach dem obligatorischen Gruppenfoto fahren wir in die Stadt. Auch in Garua werden wir vom Lamido empfangen. Er spricht seine Anerkennung für die gute Arbeit des Teams in Garua aus und verspricht, dass er mit dem Familienoberhaupt sprechen wird, dass die Mission doch noch das Nachbargrundstück erwerben kann. 

Auch der Gouverneur empfängt uns, obwohl wir nicht angemeldet sind.

In Garua besuchen wir auch den Bischoff der lutherischen Brüdergemeinden. Er war sehr erfreut, dass zum Team von Peter Schneider auch lutherische Brüder und Schwerstern gehören. Gott ist eins. Hier in Afrika verstehe ich noch weniger den Streit der unterschiedlichen Kirchen. Das Gebet des Bischoffs hat mich sehr bewegt.

Durch die nicht geplanten Besuche des Gouverneurs und des Bischoffs fahren wir erst sehr spät in Garua los. Peter lässt sich nicht zum Sklaven seines eigenen Terminplanes machen. Dies ermöglicht spontane Kontakte, die Gruppe macht es manchmal nervös.

Wir fahren weiter in den Norden. Miriam, die einige Wochen im Health Center in Garua arbeitet, fährt mit uns. Nach 290 km Asphaltstrasse zum Teil mit gefährlichen Schlaglöchern kommen wir in Mora an. Der Gottesdienst hat schon begonnen. Wir erfrischen uns etwas mit kalten Getränken. In der Kirche sitzt vor uns ein kleines Mädchen auf dem Schoß ihrer Mutter. Sie betrachtet uns mit offenen Augen, steigt vom Schoß und kommt zu uns. Sie streichelt die Hand von Christel und mir. Ganz selbstverständlich steigt sie auf meinen Schoß und wir singen und ich wiege sie auf meinem Schoß.

Miriam sagt: "Du magst Kinder. Das sehe ich." Diese Worte haben einiges in mir geöffnet. In der Nacht liege ich wach im Bett und weine. Ja, ich mag Kinder. Was wäre, wenn Karin und ich doch Kinder gehabt hätten?

"Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär, wär mein Vater Millionär."

Ich weiß, dass diese Frage nichts bringt und trotzdem bewegt sie mich die ganze Nacht.


Die Kinder von Pastor Clement


Kinder in Oudjilla

Hier kommen die Kinder ganz offen und neugierig, nehmen mich an der Hand, setzen sich auf meinen Schoß und streicheln mich. "Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie." Markus 10, 13 - 16

Wir übernachten im Hotel. TIA - Mit Dusche und WC, ohne Waschbecken. Frühstück auf der Terrasse mit Omelett und Nescafé.

 


Yaoundé 04.12.2005

Jetzt ist 18:50 Uhr. Wir, das sind Ginan, Miriam, Peter und Pastor Clement, sitzen im Zug nach Ngaoundéré und warten seit 40 Minuten auf die Abfahrt. Es gibt Probleme auf der Strecke. Weitere Informationen sollen folgen. Wann und ob der Zug fährt ist nicht klar.

Christel und Udo sind gestern nach Deutschland geflogen. Bernd ist in Yaoundé geblieben und wird im Krankenhaus einiges regeln.

Jetzt fühle ich mich etwas schlapp, müde und allein. Ich kann nicht sagen, warum. Es ist einfach so!

Heute morgen habe ich mein Tagebuch unterbrochen. Um 9:00 Uhr begann der Abschussgottesdienst der "Convention" des mehrtägigen Regionaltreffens der Mission du Plain Evangile mit ca. 3.000 Teilnehmern. Es ist erstaunlich, dass ein Gottesdienst, der 4 Stunden dauert so lebendig und in keiner Situation langweilig ist. Es wird gesungen, getanzt, gelacht und gepredigt.


Yaoundé 05.12.2005

TIA - Der Zug ist gestern nicht gefahren. Probleme auf der Strecke. Daniel Mbiwan und Bernd haben uns am Bahnhof abgeholt. Ich bin früh ins Bett gegangen.

Jetzt ist es 4:30 Uhr. Ich bin wach und kann nicht mehr einschlafen. Es läuft Wasser und ich fülle die Tonne und wasche mich. Seit einigen Tagen haben wir Probleme mit dem Wasser. Die Wasseruhr rennt wie verrückt. In einer Stunde werden ca. 2 m³ Wasser verbraucht, aber es kommt nichts an. Ich gehe davon aus, dass das Netz hier im Krankenhaus defekt ist. Da wir heute in Yaoundé sind, können wir der Sache nachgehen.

Es ist ruhig. Yaoundé schläft noch. Grillen zirpen. Frösche quaken. Ein Hahn kräht und der Muezzin ruft in der fernen Moschee. Ich nutze die Zeit und schreibe mein Tagebuch weiter. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, beim Frühstück in Mora.

Wir fahren in die Berge nach Oudjilla. Die Fahrt von Mora in dieses Bergdorf ist sehr abenteuerlich und fordert Fahrer (Peter) und Material (VW-Bus). Vor einigen Jahren haben viele Menschen aus dem Dorf Jesus als ihren Heiland angenommen und wurden geheilt. Peter hat im Dorf eine kleine Kapelle gebaut. So ist es kaum verwunderlich, dass Peter von vielen freudig begrüßt wurde. Auch das Stammesoberhaupt war sehr erfreut, dass er seinen Freund begrüßen konnte.

 

Peter predigt und die Menschen, vor allem die Kinder lauschen aufmerksam den Worten Gottes. Wir beten alle miteinander. Ich spüre, dass wir alle Kinder Gottes sind - Menschen mit schwarzer und weißer Hautfarbe, arm und reich, Mann und Frau, Kind und Oma. Diese Augenblicke bewegen mein Herz. Immer wieder kommen Tränen der Freude, obwohl ich eigentlich nicht nahe am Wasser gebaut habe.


Der König und Peter

Wir besichtigen das Dorf. Hier lebt der Chef mit seinen 43 Frauen und seinen 116 Kindern. Wie geht die Kirche mit der Polygamie um? Wenn ein polygam lebender Mann sich zum Christentum bekennt, dann darf er nur noch mit seiner ersten Frau schlafen, muss aber für seine anderen Frauen sorgen.

Das Dorf ist mit einer handwerklich beeindruckenden Natursteinmauer umgeben. Sie ist nur ca. 40 cm dick und 3,5 bis 4,0 m hoch. Die Steine sind ohne Mörtel aufeinandergeschichtet. Jede Frau hat 4 Rundhütten, die aus dünnen Lehmwänden bestehen: Eine Schlafhütte, eine Küche mit Feuerstelle und Mühlstein und zwei Speicher. Die Anordnung der Hütten ergeben für außenstehende ein Labyrinth mit sehr schönen räumlichen Situationen.


Die Stadtmauer von Oudjilla


Lehmhütten und -speicher der Frauen

Wir schaukeln wieder den Berg hinab. Kinder rennen den Auto hinterher und wollen selbstgebautes Holzspielzeug (Autos, Handys etc.) verkaufen. Sie sind sehr liebevoll gemacht. Wie sollen wir sie aber nach Deutschland transportieren? Sie sind hartnäckig. Schließlich kaufen wir doch etwas. 

Wir fahren weiter Richtung Norden nach Kousseri, der Grenzstadt zum Tschad. Ich sitze am Steuer. Es ist eine relativ gute Asphaltstrasse mit wenigen Schlaglöchern. Die Landschaft ändert sich. Sahel: Kaum noch Bäume. Hier kann sich nur noch Hirse halten, die mit ihren tiefen Wurzeln das Wasser aus der Erde holt und dadurch den Grundwasserspiegel weiter senkt.

In Kousseri ist eine Kirche in Bau, die wir besichtigen. Der Rohbau ist fertig. Schon bei der Anfahrt merkt Peter, dass die Cloustrasteine falsch gesetzt sind. Ärger! TIA - Doch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dies nicht nur in Afrika passiert.

Palaver! Die Steine müssen alle raugenommen und neu versetzt werden - Mangel vor der Abnahme :-)

Wir fahren zum örtlichen Baustoffhändler - eine Art afrikanischem Bauhaus - und schauen, welche Stahlprofile für die Dachkonstruktion er vorrätig hat.

Peter und ich besprechen auf der Fahr zurück nach Maroua, wie das Dach konstruiert werden soll. Für diese relativ komplizierte Konstruktion muss ich Ausführungszeichnungen anfertigen und die Ausführung überwachen. Hierfür fahre ich dann nochmals in den Norden und werde für eine Woche in Kousseri bleiben.

In Maroua besuchen wir den dortigen Lamido, ein sehr aufgeschlossener junger Mann. Peter gibt ihm ein paar Ratschläge zur Sanierung seines Palastes. An einem Bogen sind die risse sehr bedenklich und müssen dringen repariert werden.

Wir besichtigen das Gelände der Blindenschule. Es liegt sehr zentral neben dem Rathaus und anderen Regierungsgebäuden und hat einen schönen alten Baumbestand. Wieder einmal rast die Zeit. Wenn ich nach Kousseri fahre, muss ich das Gelände mit den vorhandenen Gebäuden aufmessen.

Am Donnerstag, 01.12.2005 sitzen wir fast nur im Auto. Von Maroua über Garoua nach Ngaoundéré sind es 529 km mehr oder minder gute Asphaltstrasse. Die Reise dauert ca. 7 Stunden. In Ngaoundéré lassen wir den Bus bei der Mission und fahren mit dem Zug nach Yaoundé. 

Dies ist schon ein Erlebnis. Die Fahrt im Schlafwagen beginnt mit ca. 45 min Verspätung. Wir richten uns schon gemütlich im Viererabteil im Schlafwagen ein. Die Schmalspurbahn hoppelt und schaukelt über die Gleise. An den Bahnhöfen bieten Händler Essen, Obst und Getränke an. Im Zug wird auch Essen im Abteil serviert. Es stehen Hühnchen und Fisch zur Auswahl. Ich nehme den Fisch mit "Plantains", das sind Kochbananen. Die Kochbananen sehen zwar aus wie "normale" Bananen, man sie aber nicht roh, sondern nur gekocht essen.


Auf der Fahrt von Ngaoundéré nach Yaoundé

Da ich beim Thema Essen bin. Insgesamt ist das Essen in Kamerun sehr abwechslungsreich und schmackhaft. Das Essen schmeckt mir und ich habe keine Magenprobleme. Es gibt Geflügel schon zerteilt, eine Art Rindergulasch, Fisch, Ndolé - ein Gemüsepüree ähnlich Spinat mit Fleisch oder Fisch. Als Beilagen gibt es, wie oben erwähnt Plantains, Süßkartoffeln, Reis oder Batons de Manioc.

Meist werden wir bei unseren Stationen von den Gemeinden eingeladen und reichlich bekocht. Gastfreundschaft wird in Kamerun sehr hoch geschätzt. Ich habe bisher mein Wunsch, dass ich ein paar Pfund abspecken kann, nicht erreicht. Na ja, wenn ich dann alleine in Yaoundé bin, kann ich mein Ziel ja verfolgen.

Ein Ziel habe ich erreicht. Ich bin jetzt Nichtraucher. In Kamerun habe ich keine einzige Zigarette geraucht und auch kein Verlangen danach gehabt.

So jetzt bin ich mit meinem Tagebuch wieder auf Stand. In zwei Stunden nehmen wir einen zweiten Anlauf, mit dem Zug nach Ngaoundéré zu fahren. So Gott will, werden wir morgen früh unser Ziel erreichen. Bis Freitag bin ich noch mit Peter unterwegs, diesmal im Westteil von Kamerun. Dann werde ich mich in Yaoundé etwas häuslicher einrichten und mit meiner eigentlichen Arbeit beginnen.


Yaoundé 11.12.2005

Gott wollte, dass ich meinen Geburtstag am 06.12.2005 in Yaoundé feiere, d.h. der Zug fuhr auch am 05.12.2005 nicht. 

Bernd gratuliere mir als erstes. Sein Geschenk war eine kleine, handliche Bibel, die ich mit in den Gottesdienst nehmen kann.

Daniel Mbiwan kommt und gratuliert mir. Sein Geschenk ist ein Bibelspruch: "Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen." (Psalm 37, 4 und 5).

Daniel Mbiwan ist der Vizepräsident der Full Gospel Mission. In Yaoundé sind wir Gast in seinem Haus. 

Daniel eröffnet mir, dass auch er am 06.12. Geburtstag hat. Ich gratuliere ihm. Dann frage ich ihn, wie alt er ist. 49! Überraschung: Er ist exakt am gleichen Tag am 06.12.1956 wie ich geboren. Wir liegen uns in den Armen. Ich weine. Wir beten.

Ich kann es nicht fassen! Ich habe einen schwarzen Zwillingsbruder. 


Daniel Mbiwan und ich an unserem 49. Geburtstag

Die Zahl 49 ist auch eine biblische Zahl. "Und du sollst zählen sieben Sabbatjahre, sieben mal sieben Jahre, daß die Zeit der sieben Sabbatjahre neunundvierzig Jahre mache. Da sollst du die Posaune blasen lassen durch euer ganzes Land am zehnten Tage des siebten Monats, am Versöhnungstag. ... Das ist das Erlassjahr, da jedermann wieder zu dem Seinen kommen soll." (3. Mose 25, 8, 9 und 13)

Miriam, Ginan und Peter haben ein Geburtstagsfrühstück vorbereitet. Alle sind da und feiern mit Daniel und mir Geburtstag. Miriam und Ginan schenken mir eine sehr schöne Halskette aus Holzperlen mit einem Anhänger. DANKE! Ich trage sie seit dieser Zeit. Es ist ein schöner Geburtstag.


Die Geburtstagskinder mit Miriam und Ginan

Als Kind habe ich immer meine Freunde beneidet, die im Sommer Geburtstag hatten. Wir konnten draußen spielen und feiern. In diesem Jahr ist es an meinem Geburtstag warm und die Sonne scheint.

Am Abend des 6.12. fährt dann endlich der Zug von Yaoundé nach Ngaoundéré. Wir kommen nach 17 Stunden Fahrtzeit an. Peter und ich verabschieden uns von Pastor Clement, Ginan und Miriam. Sie fahren mit dem "öffentlichen" Bus nach Garoua. Wir nehmen ein Taxi (Abenteuer - in Deutschland hätte der TÜV das Auto schon längst aus dem Verkehr gezogen) und fahren zum Pfarrhaus, wo unser Bus steht. Anlassen - nichts rührt sich. Batterie austauschen! Mit Verspätung fahren wir in Ngaoundéré los. 

Weil der Zug zwei Tage nicht fuhr, hat Peter das geplante Programm kurzfristig umgestellt und gekürzt. Wir fahren in Richtung Tibati. Ich mache meine Fahrprüfung auf Sandpiste. Nur wenige Löcher habe ich spät gesehen. Ich habe die Prüfung bestanden, da ich am nächsten Tag wieder auf der Piste fahren durfte.

Die letzten 60 Kilometer waren schrecklich. Asphaltstrasse mit einem Schlagloch nach dem anderen. Es gab manchmal nur die Möglichkeit mit dem Geländegang ganz langsam durch das Loch zu fahren. Die Krönung war, dass wir für die schlimmste Strasse Kameruns noch Maut (500 CFA = 0,75 €) zahlen mussten. Da war bisher jede Sandpiste besser!

Abends Gottesdienst in Tibati. Schlafen im Hotel. Mein Bett war recht gut, aber Peter hatte nach dieser Nacht Rückenschmerzen.

Die Fahrt von Tibati nach Foumban führt durch die Berge mit immer wieder wunderschönen Ausblicken. Landschaftlich nach meiner Meinung bisher die schönste Strecke.


Sandpiste zwischen Tibati und Banjo

Nachmittags Ankunft in Foumban. Die Kirch liegt sehr schön auf einem Hügel mit herrlichem Ausblick auf Foumban und die Berge.

Ein Reifen hat wenig Luft. Schon in Banyo hatten wir den Reifen aufpumpen lassen. Peter fährt zum Reifenhändler. Im Reifen steckte eine große Schraube! Mit dieser Schraube sind wir mindestens seit über 120 km über z.T. schlechte Sandpiste gefahren. Gott ist mit uns.


Ein LKW vor uns wirbelt eine Menge Staub auf

Auf der Strecke werden wir bei einer üblichen Kontrolle von einem Polizisten auf die Aufschrift auf unserem Bus "Jesus saves and heals" angesprochen. Er sagt, er ist krank. Peter fragt, ob wir für ihn beten sollen. Ja! Wir fahren an die Seite. Er sagt, dass er HIV Positiv ist und dass er auch seine Frau infiziert hat. Wir sind neben dem Arzt und seiner Frau die einzigen, denen er sich geöffnet hat. Ich konnte richtig spüren, wie er sich immer mehr öffnet. Wir beten mit ihm und er erkennt, dass er durch seinen Glauben an Jesus Christus geheilt wird. "Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh hin in Frieden." (Lukas 8, 48)

Nach dem Gottesdienst in Foumban fahren wir in der Nacht noch zurück nach Yaoundé. 400 km guter Asphaltstrasse. Wir kommen um 3:00 Uhr nachts an. Ich falle ins Bett und schlafe sofort ein.


Sonnenuntergang in Afrika

Ich wache um 7:30 Uhr auf und werde von Debora, Michael und Caleb Appel begrüßt. Sie werden drei Wochen hier in Yaoundé sein und dann nach Batouri weiterreisen.


Yaoundé 26.12.2005

Es ist Abend. Die Grillen zirpen. Die Frösche quaken. Ich höre Musik; seit langer Zeit das erste Mal. Björk SelmaSongs. Seit zwei Wochen habe ich mein Afrikatagebuch vernachlässigt. Ich nehme mir die Zeit und schreibe.

Weihnachten in Afrika: Etwas "strange"! Weihnachtslieder bei 25 - 30°C! In kurzen Hosen und mit T-Shirt! Weihnachtsstimmung kommt bei mir nicht auf. ABER Es ist Weihnachten! Wir feiern die Geburt Jesus. Halleluja! "Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, daß Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden." (1. Johannes 4, 9 + 10)

Weihnachten hat hier in Afrika nicht so einen hohen Stellenwert wie bei uns. Einige Christen lehnen sogar Weihnachten als heidnisches Fest ab. Gefeiert wird hier am 25.12. "Heilig Abend" kennt man hier nicht.

Wir Deutschen hier - das sind Deborah, Michael, Caleb und ich - feiern jedoch unseren "Heiligen Abend". Deborah hat die Wohnung mit ausgeschnittenen Sternen und Teelichte geschmückt. Ich habe eine gute Suppe gekocht. Angeregt durch eine SMS von Miriam ist mir eingefallen, dass ich auf meinem Laptop die "Weihnachtsgschicht uff pälzisch" gespeichert ist. Also lese ich die Weihnachtsgeschichte "uff pälzisch" vor. Wir singen einige Weihnachtslieder. So kommt dann doch noch etwas weihnachtliche Stimmung auf.

Weihnachten wird in Kamerun am 25.12. gefeiert. Unser Weihnachtsfest sieht wie folgt aus: Wir - d.h. Michael Appel und ich - gehen um 8:30 Uhr in den Gottesdienst, der heute mit 2,5 Stunden etwas kürzer ist. Es wird unter anderem die französische Version von "Stille Nacht" gesungen. Danach wird das Weihnachtsessen vorbereitet. Wie in meiner Familie habe ich die Aufgabe übernommen: Nur es ist keine Weihnachtsgans sondern ein Weihnachtshühnchen. Statt mit Äpfeln wird das Hühnchen mit Papaya gefüllt (na ein Versuch war es wert). Zum Weihnachtsessen haben Deborah, Michael, Caleb und ich zwei Gäste. Die Mission betreibt ein Ausbildungszentrum für Straßenkinder, die hier eine Maurer- oder Schreinerausbildung machen. Die beiden können in den Ferien nicht wie ihre Kollegen zu ihren Eltern fahren und feiern so mit uns Weihnachten.


Deborah, Etienne, Alfonse mit Caleb und ich an Weihnachten

Danach ist eine weitere Feier angesagt. Ruth Mbiwan feiert mit vielen Freunden ihren 9. Geburtstag. Das Haus ist voll. Es werden Spiele veranstaltet. Die Frauen waren eine Woche mit der Vorbereitung des Festessens beschäftigt.


Ruth Mbiwan mit ihren stolzen Eltern

Um 20:00 Uhr fahren Michael und ich noch mit Daniel Mbiwan zur "Yaoundé Worship Night", einem Lobpreisgottesdienst, der von mehreren christlichen Kirchen Yaoundés veranstaltet wird. Die Intensität der Lieder und der Gebete für Gott, Jesus, für das Land, die Stadt und die Kirchen reißen mich mit, obwohl ich müde bin und friere - ich habe mich mit meinem kurzärmeligen Hemd falsch gekleidet. Die Afrikaner leben ihre Emotionen. Die Worship Night geht von 18:00 bis in den frühen Morgen. Michael und ich gehen jedoch früher und ich falle um 1:30 Uhr müde ins Bett.

Normalerweise ist in Kamerun nur der 25.12. ein Feiertag. Wenn aber ein Feiertag auf einen Sonntag fällt, ist der darauf folgende Montag frei. So war heute für mich ein ruhiger Tag. Seit langer Zeit der erste. Bis 8:30 Uhr schlafen. Frühstücken. Lesen. Aus den Resten des Weihnachtsessens wird das Mittagessen gezaubert (mir macht Kochen einfach Spaß). Mittagsschläfchen! Dann fahren Deborah, Michael, Caleb und ich zum Kongreßzentrum, das auf einem Hügel liegt, und verschaffen uns einen Überblick von oben auf Yaoundé. Eine schöne Stadt - nicht mit europäischen Maßstäben - aber wie die Stadt so zwischen den sanften Hügeln liegt, immer wieder Ausblicke öffnet - ist sie eine Schönheit. Hat sich mein Blick schon geändert?


Blick auf "Downtown" - so diesig ist es fast immer


Yaoundé von der schönsten Seite

Das war mein erstes afrikanisches Weihnachtsfest. In den kommenden Tagen werde ich wieder fleißiger mein Tagebuch schreiben - versprochen!


Yaoundé 01.01.2006

Neujahr in Kamerun! Mein erster Geburtstag in Kamerun! Mein erstes Weihnachtsfest in Kamerun. Mein erstes Neujahrsfest in Kamerun!

Allen, die mein Afrikatagebuch lesen, wünsche ich für das Neue Jahr viel Erfolg, Gesundheit und Gottes Segen. Bonne Année. Happy New Year!


Deko für unser Neujahrsfest

Sprache: Ein Vorsatz für das Jahr 2006 ist, dass ich fleißiger französisch lerne und spreche. Die Verständigung in Englisch ist innerhalb der Mission keine Schwierigkeit, da die meisten beide Sprachen sprechen. ABER: Yaoundé gehört zum frankophonen Gebiet, in dem französisch gesprochen wird. Mittlerweile verstehe ich französisch recht gut, wenn langsam und deutlich gesprochen wird. Die Gottesdienste hier sind zweisprachig - französisch und englisch. Da englisch z.T. mit einem starken afrikanischen Akzent gesprochen wird, kann ich in französisch mittlerweile besser folgen. Immer häufiger spreche ich jetzt französisch - mit allen Fehlern - UND - ich werde verstanden. Den Menschen, die ich kenne, erzähle ich, dass ich französisch lerne. Die helfen mir und korrigieren auf eine liebevolle Art meine Fehler. 

Am 29.12.2005 sind Erika und Hans Jürgen Klußmann in Yaoundé angekommen und übernachten in der Gästewohnung der Mission, in der auch ich wohne. Ich habe sie in Batouri kennen gelernt (siehe 24.11.2005). Ihre Volontärin Rahel kehrt nach 3 Monaten in Kamerun nach Deutschland zurück. Sie bleiben über Neujahr in Yaoundé. Fahren dann für ein paar Tage nach Kribi (siehe 21.11.2005) und bringen dann Rahel zum Flughafen.


Hintere Reihe: Hans Jürgen und Erika Klußmann, Rahel
Vordere Reihe: neben mir Caleb, Deborah und Michael Appel

Erika und Hans Jürgen organisieren das Silvesterfest. Sie leben seit 9 Jahren in Kamerun und haben auch in Yaoundé viele Freunde, die sie zu Silvester eingeladen haben. Appels und ich sind auch unter den Gästen. Nach dem Gottesdienst schmücken wir den großen Raum mit Girlanden und meinen mitgebrachten Luftballons. Erika und Hans Jürgen haben das Fest organisiert. Paul Emile hat gekocht. Die Gäste kommen nach und nach und begrüßen sich herzlich, da sie sich teilweise lange nicht gesehen haben. Wir essen, singen und beten miteinander. Gäste kommen und gehen. Hier sind offene Türen selbstverständlich. Die Gäste feiern, singen und beten mit. Eine schöne Geste, die auch beweist, dass wir in das Leben hier eingegliedert sind. Die letzten Gäste gehen um 2:30 Uhr. Ein schönes Silvesterfest geht zu ende.

Im Gottesdienst und bei unserem Fest danke ich Gott, dass er mich nach Kamerun geführt hat und dass er meinen weitern Weg begleitet. Seine Antwort kommt prompt:

Vor dem Gottesdienst frage ich Gott, was ich lesen soll. Er antwortet: Psalm 48 "Gottes Stadt". Ich danke Gott, dass ich an seiner Stadt mitbauen darf. Vers 15: "Wahrlich, das ist Gott, unser Gott für immer und ewig. Er ist's, der uns führet."

Über die Jahreswende predigt Hans Jürgen über Josua, Kapitel 1. Nach Mose Tod zweifelt Josua, ob er fähig ist, ihm zu folgen. Gott ermutigt Josua: "Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und unverzagt seist. Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst." Ein schöner Ausblick auf das Neue Jahr 2006.

Um 2:42 erhalte ich eine SMS von meinem Zwillingsbruder Daniel. Seine Wünsche sind verbunden mit Gottes Wort:

Psalm 48.14: "Habt gut acht auf seine Mauern, durchwandert seine Paläste, daß ihr den Nachkommen davon erzählt."

UND

Josua 1.7 - 9: "Sei nur getrost und unverzagt, daß du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst. Und laß das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinem Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten. Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und unverzagt seist. Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst."

Ich hole meine Bibel und lese nochmals die Verse. Ich freue mich über Gottes Antwort und schäme mich über meine Zweifel.

Wir waren heute nach dem Gottesdienst bei einem Gemeindeleiter zum Mittagessen eingeladen. Wenn ich "wir" schreibe, dann meine ich Deborah, Michael, Caleb und ich.

Ich denke, ich wiederhole mich. Die Art, wie wir herzlich und mit offenen Herzen empfangen werden, berührt mich immer wieder. Wir sind in diesem Land willkommen und werden als Brüder und Schwestern angesehen. Bei diesen Gesprächen nehme ich viel mit, was nicht mit Geld aufzuwiegen ist.

Viele Themen sind noch in meinem Kopf, die ich aufschreiben will: Wie wohne ich? Was esse ich? Wie arbeite ich? ... Das Schreibe ich in den nächsten Tagen.


Yaoundé 05.01.2006

Wieder ist ein Tag vorbei. Ich habe heute einiges geschafft. Eigentlich war geplant, dass ich mit Pastor Yonkeu nach Kousseri fahre. ABER Nach Rücksprache mit Peter Schneider habe ich die Pläne geändert und den gesamten Materialbedarf ermittelt. Morgen haben Peter Mboh und ich einen Termin beim größten Baustoffhändler Kameruns - Foku - ordern das Material und handeln den Preis einschl. Transport nach Kousseri aus. Erst wenn das Material vor Ort ist, werde ich Richtung Norden fahren. Das dauert bestimmt noch zwei Wochen.

Also: Wie sieht so mein ganz normaler Arbeitstag aus, so zu sagen ALLTAG: 

Wach werde ich kurz nach Sonnenaufgang 6:30 Uhr. Dann beginnt auch das Leben in Yaoundé. Hähne krähen, Hunde bellen, die ersten Radios dudeln. Ich frühstücke um 7:00 Uhr mit Deborah, Michael und Caleb. Um 7:30 Uhr gehe ich zur Morgenandacht in der Klinik. Um 8:15 Uhr sitze ich dann meist hinter meinem Schreibtisch. Es ist Peters altes Arbeitszimmer. Da es seit über 10 Jahren kaum genutzt wurde, musste es erst einmal entrümpelt, entstaubt und gründlich geschuppt werden. Das Büro ist neben dem Pfarrhaus hinter der Kirche, ca. 200 m von meinem Zimmer entfernt. Meist erklimme ich den Hügel zu Fuß und bin schon wieder geschwitzt, wenn ich oben ankomme. Wenn ich etwas in der Stadt erledigen muss, fahre ich auch mit dem Auto, ein kleiner Toyota RAV 4 - für Yaoundé ein gutes Auto (Thema: Autofahren in Yaoundé später). 

Robert Efombo, der Techniker, der schon seit Jahren mit Peter arbeitet, kommt meist um 9:00 Uhr. Er ist eine große Unterstützung für mich. Er kennt die Gebäude in Yaoundé sehr gut und klärt mich über die Kameruner und Peter Schneiders Bauweisen auf. Wie erwartet, lerne ich sehr viel und kann auf der anderen Seite meine Kenntnisse einsetzen. Er hilft mir auch bei der Sprache, die richtigen französischen Fachausdrücke zu gebrauchen. Auch sonst verstehen wir uns. Wir sind ein gutes Team.

Ich zeichne mit dem Computer und komme mit dem Zeichenprogramm AutoCAD sehr gut klar. Melanie hat mir ja die Grundkenntnisse beigebracht. Soweit habe ich schon viel gezeichnet. Die Werkpläne für das Kirchendach in Kousseri. Die Pläne für das Hospital in Yaoundé mussten geändert werden. Die Vorentwürfe für Pastorenwohnungen und Verwaltung sind gemacht. Die Grundlagen für die Gesamtplanung des Missionsgeländes in Yaoundé sind erstellt.

Man darf sich das nicht so einfach wie bei uns vorstellen, wo ich bei Olly Gonschorek (dem ÖbvI Öffentlich bestellten und vereidigten Vermessungsingenieur) anrufe und dann weinige Tage später die CAD Datei einschl. bestehendes Gebäude und Höhen per Email im Büro sind. Hier gibt es eine Art Grundbuchauszug mit Koordinaten. So weit so gut. Aber wo sind die Grenzsteine auf dem Grundstück? Der Nachbar hat einfach ein Stück von dem Grundstück der Mission für seinen Hof abgezwackt. Er hat gar keinen eigenen Zugang zum Grundstück! Er muss über "unser" Gelände! Andere pflanzen Bananen und andere Früchte und Gemüse an ... Für mich war die Situation am Anfang sehr verwirrend. Mittlerweile sind wieder alle Grenzsteine ausgegraben. Eine Einigung mit dem Nachbarn ist herbeigeführt. Morgen beginnen die Arbeiter, das Gelände einzuzäunen. In Kamerun reicht es nicht, dass man als Besitzer im Grundbuch eingetragen ist. Wenn ich auf einem Grundstück, das mir nicht gehört, ein Haus baue und der Grundstückseigentümer sich nicht rührt, habe ich das Nutzungsrecht. Andere Länder andere Sitten.

Jedenfalls habe ich jetzt einen Überblick vom dem schönen Grundstück im Tal an einem kleinen Bachlauf. Die bestehenden Gebäude habe ich fast alle eingemessen und in die CAD Zeichnung übertragen. In den kommenden Tagen vervollständige ich die Gesamtplanung mit Krankenhaus, Wohnungen, Verwaltung, Schule, Küche, kleines Restaurant, einer großen Freifläche für Versammlungen und einer kleinen Parkanlage entlang des Baches. Es wird ein Schmuckstück für das gesamte Viertel Tsinga.


Das Grundstück in Yaoundé - nachdem der Caterpillar da war:
Zur Orientierung: Das Krankenhaus liegt hinter mir. Im 
Krankenhauskomplex wohne ich. Der weiße Fleck links oben ist 
die Kirche. Hinter der Kirche ist unser Büro.

Mit Robert fahre ich manchmal in die Stadt und machen die übliche Behördentour. So waren wir schon mehrmals im Rathaus der Stadt Yaoundé und haben uns um die Baugenehmigung für die Krankenhauserweiterung gekümmert. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Bürokratie sich nicht wesentlich von Deutschland unterscheidet. BIS AUF: Es gibt hier wesentlich weniger Regeln und Gesetze.

Das Rathaus - in den 1970er Jahren gebaut - ist ein sehr gutes Beispiel für Bauen in Afrika. Es nimmt einheimische Formen auf, hat den Claustrasteinen einen guten Sonnenschutz (so wichtig wie in Deutschland der Wärmeschutz). In dem Gebäude ist es auch ohne Klimaanlage angenehm kühl. Da öffentliche Gebäude nicht fotografiert werden dürfen, habe ich kein Bild.


Claustra

Zum Mittagessen gehe ich dann wieder "runter" und esse mit Deborah, Michael und Caleb. Unsere kleine WG funktioniert recht gut. Ich gönne mir meist ein kleines Nickerchen in meinem Zimmer und dann gehe ich auch schon wieder hoch in unser Büro und arbeite bis ca. 18:00 Uhr. Es wird dann auch schon dunkel.

Nach dem gemeinsamen Abendessen gehe ich entweder sehr früh ins Bett, arbeite mit meinem Laptop in der Wohnung weiter, beantworte Emails oder schreibe wie heute mein Tagebuch. Manchmal kommt auch Daniel Mbiwan nochmals rein und wir erzählen, wie der Tag war und beten miteinander. Meist gehe ich zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr ins Bett.

So: Jetzt ist es 22:24 Uhr und ich schreibe noch eine Email an Peter und sende ihm die neuen Pläne von Kousseri.

Für eine Stadt mit 2 Millionen Einwohnern und trotz der Zentrumsnähe ist es sehr ruhig. Auf der nahen Hauptstrasse fahren nur wenig Autos. Ich höre Grillen zirpen, Frösche quaken, ein Hund heult, ein Radio spiel ganz leise Musik...


Yaoundé 13.01.2006

Wieder ist ein Tag vorbei. Es ist 19:52 Uhr und stockfinster. Heute Abend weht etwas Wind, was sehr angenehm ist. Meist herrscht Windstille. Die Hitze, mit durchschnittlich 25° C Tagestemperatur  ja nicht sonderlich warm, macht mir schon etwas zu schaffen - und die feuchte schwüle Luft. Einen Hygrometer habe ich hier noch nicht entdeckt. Die trockene warme Luft im Norden fand ich angenehmer. Letzte Woche hat es geregnet - wenn es regnet, dann richtig. MITTEN IN DER TROCKENZEIT. Peter meint, das ist so, als wenn es bei uns im Juni schneit. Er hat es in 30 Jahren Kamerun nicht erlebt.

Vorgestern ging es mir einige Stunden nicht gut. Ich hatte einen Kreislaufkollaps mit Durchfall und Erbrechen. Gut, dass ein gutes Hospital in der Nähe ist :-). Der Doc war gleich da. Ruhe, viel trinken. Doch nichts blieb bei mir. Schweißausbrüche und Frieren wechselten sich ab. Dann bin ich vor Erschöpfung eingeschlafen. Danach ging es mir schon wesentlich besser. Der Doc wollte mich schon wegen Malaria in die Klinik einweisen. ABER Ich hatte kein Fieber. Der Malariatest war auch negativ. Ich danke Gott. Das Labor hat dann festgestellt, dass in meinem Darm Bakterien sind, die dort nicht hingehören. Na ja. Jetzt schlucke ich für ein paar Tage Tabletten. Seit gestern geht es mir wieder gut als wäre nichts gewesen. Ich trinke jetzt nur noch Mineralwasser und putze mir damit auch die Zähne.

Mittlerweile kenne ich mich in Yaoundé ganz gut aus und fahre häufig mit dem Toyota-RAV der Mission. Nach den ersten Ver(w)irrungen in Yaoundé (siehe 21.11.2005) hatte ich das Gefühl: "Hier finde ich mich nie zurecht!" Heute fahre ich auch alleine, finde das Rathaus, den Flughafen, die Bäckerei und andere wichtige Plätze und ich bin auch jedes Mal nach Hause gekommen - und das alles ohne Beschilderung! Man darf sich nicht vorstellen, dass es Straßenschilder gibt. Nur die Hauptstrassen haben Namen. Ich nutze meinen guten Orientierungssinn, der hilft mir hier mehr als in Frankfurt (wo man fast nie links abbiegen darf).

Autofahren in Yaoundé. Abenteuer pur. Ich habe heute Rose Mbiwan zum Arzt gefahren und wieder abgeholt. Ich habe ihr erzählt, wenn ich so in Deutschland fahren würde, dann würde ich für verrückt erklärt und wäre sofort mein Führerschein los. Ampeln und Verkehrsschilder gibt es kaum. Eigentlich herrscht Rechts vor Links - EIGENTLICH - Ich fahre auf eine Kreuzung. Von rechts kommen Autos. Ich merke, dass der Fahrer bremst. Dann gebe ich Gas und fahre über die Kreuzung. Wenn ich merke, dass der andere weiterfährt, dann bremst ich. So einfach geht das. Ich will an der Ausfahrt der Bäckerei links in die stark befahrene Hauptstrasse abbiegen. Es gibt keine Lücke. Ich rolle langsam auf die Straße und drängle mich einfach durch. Das funktioniert hier sehr gut aber bei der gleichen Fahrzeugdichte wie in Deutschland würde der Verkehr zusammenbrechen.

ACHTUNG TAXI. An die Fahrweise der Taxen musste ich mich erst gewöhnen!

Ich schätze dass über 60% aller Fahrzeuge gelbe Taxen sind. In Yaoundé gibt es keinen ÖPNV. Da sich wenige Menschen Autos leisten können, übernehmen die Taxen den Personentransport. Das ist manchmal anstrengend, nervig und zeitraubend. Gestern hat mir der Arzt erklärt, dass er für 20 km von seiner Wohnung bis ins Hospital 90 Minuten gebraucht hat. Auch Robert kommt manchmal morgens genervt ins Büro, weil er kein Taxi bekommen hat.

Das System funktioniert so: In den Taxen (Sammeltaxi) fahren bis zu 5 Personen (manchmal sogar mehr). Man steht am Straßenrand und winkt. Ein Taxi ist noch nicht voll besetzt und fährt langsam. Der Fahrgast sagt sein Fahrziel. Wenn das Taxi in die gleiche Richtung fährt, steigt der Gast ein, wenn nicht, dann fährt das Taxi weiter. Wenn man Pech hat, muss man lange warten.

Das erklärt auch die Fahrweise der Taxifahrer. Sie fahren rechts ran und am Anfang habe ich gedacht, dass sie halten aber dann fahren sie einfach weiter und scheren wieder links aus. Blinker - Fehlanzeige. Schauen, ob von hinten jemand kommt - Fehlanzeige. Sie fahren einfach darauf los! Auch an den Kreuzungen fahren die Taxen einfach - ohne zu schauen. Sollen die anderen doch bremsen!

Mittlerweile schätze ich die Taxen richtig ein. Ich kenne ihren Fahrstil und stelle mich darauf ein. So komme ich gut durch den Verkehr von Yaoundé.

So jetzt ist es kurz vor 21:00 Uhr. Mein Französischlehrer kommt gleich.


Damit mein Tagebuch übersichtlich bleibt, habe ich einen 2. Teil angelegt.

Afrikatagebuch Teil II